Im Allgemeinen scheuen gebrannte Kinder das Feuer! Wenn man es selbst in der Hand hat, wird man versuchen, den gleichen Fehler nicht ein zweites oder drittes oder gar fünftes Mal zu machen. Einiges habe ich in der Hand. Bei einigen Dingen habe ich schon die freie Wahl. Wir sind keine willenlosen Wesen, die einfach nur das tun oder lassen müssen, was uns Andere vorschreiben wollen. Zur Wahrheit gehört aber auch: Im Leben bin ich aber auch immer wieder vor Situationen gestellt, die ich mir nicht ausgesucht und die ich auch oft nicht zu verantworten habe.
Ich spüre aber: Auch wenn etwas nicht gerade spaßverdächtig ist. Ich muss dies jetzt durchstehen - so gut wie ich es kann. Gut wäre, wenn ich dann bestehe, standhaft bleibe und einen Weg für mich finde, auf dem ich zumindest weitergehen kann. Ich meine nicht nur Todesfälle, Unwetter, Familiendramen. Wir habe schon an vielen Stellen eine freie Wahl oder können zumindest auch schwierige Umstände oft etwas abfedern.
Gott schenkt uns Kopf, Herz und Hand dazu immer noch das jeweils bestmögliche aus manchen Situationen zu machen. Auch wenn uns Biologen sagen, es sei viel mehr festgelegt in unseren persönlichen Erbmaterial und all den Prägungen unserer Erziehung als wir es selber wahrnehmen wollen. Auch wenn die Psychologen sagen, dass ein guter Teil unseres Verhaltens vom sog. Unbewussten geprägt wird. Trotz alledem weiß man auch: Maschinen oder Roboter sind wir dennoch nicht! Da gibt es mit alledem doch oft noch einen guten Teil eigener Gestaltungskraft.
Zur Würde, die Gott uns schenkt, gehört, dass wir zu aufrechten freien und gestandenen Persönlichkeiten reifen und wachsen dürfen. Gott will uns nicht klein und abhängig, sondern aufrecht und frei werden lassen. Der Glaube, das Vertrauen, dass Gott uns sieht und liebt, kann uns stark machen und lässt uns zu widerstandsfähigen und freien Menschen heranreifen. Und doch kennen wir alle auch Situationen, die uns schier zu überfordern scheinen und niederdrücken. Es gibt viele unter uns, die spüren auch immer wieder die Grenze ihrer eigenen Gestaltungskraft. Da heißt es dann schlicht tolerant und barmherzig mit sich selbst zu sein, zu den eigenen Grenzen “Ja” zu sagen und in alledem sich in Erinnerung zu rufen: “Letztendlich liege ich bei allem in Gottes Hand, die mich nicht einfach fallen lässt!”
Es gibt einen Gedanken bei Dietrich Bonhoeffer, der mir für solche Notlagen einleuchtet. Er schreibt 1943 im Gefängnis: „Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will… Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen…. Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind und dass es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden, als mit unseren vermeintlichen Guttaten. Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Schicksal ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.“
Wenn wir so leben, verzichten wir nicht auf Freiheit und Persönlichkeit, wir geben nur der Quelle unserer Kraft, die wir dann immer wieder neu und immer wieder frisch erleben können, einen Namen. Nennen wir es ruhig schlicht: Gottvertrauen!